30.12.2016 Was ist ein Hund?

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Für jeden normalen Menschen unvorstellbar – aber die belgische Gesetzgebung sieht Hunde erst ab einem Alter von 6 Monaten als Hund an. Das öffnet dem illegalen Welpenhandel Tür und Tor – Betriebe mit hunderten von Welpen sind somit überhaupt nicht genehmigungspflichtig. Wer hat da wohl an den Gesetzestexten mitgeschrieben?
Artikel „Knack“ vom 28.12.2016 (freie Übersetzung):
Warum haben Welpen unter 6 Monaten nicht den gleichen Schutz wie andere Hunde?
Was ist ein Hund? Für den Leser ist das klar, aber für den Gesetzgeber ist das anders. N-VA Parlamentsmitglied Sabine Vermeulen und der Spezialist für Tierschutzrecht Anthony Godfroid decken einen Fall absurder flämischer Gesetzgebung auf.
Definitionen und Konzepte haben schon immer Philosophen und andere Denker zum Schreiben dicker Bücher angeregt.
Politiker beschäftigen sich für gewöhnlich weniger mit so etwas.
Denn wer liest schon etliche Seiten Definitionen in Gesetzgebungstexten wenn man einen Gesetzestext liest? Diese Seiten überschlagen, denkt man schnell.
Und doch…
Und doch ist eine Definition manchmal der Haken an der Sache. Die Bedeutsamkeit von Definitionen in der Gesetzgebung sollte man nicht unterschätzen: es hängt natürlich davon ab für wen (oder für welche Handlungen) bestimmte Gesetzgebungen zur Anwendung kommen und dann kann das weitreichende Folgen haben.
Das erscheint jetzt erstmal sehr abstrakt, aber das ist es sicher nicht. Denken Sie mal an die Beschreibung eines Hundes. Ein Hund? Ja, ein Hund. Für den Leser ist das klar und logisch: auch ein Welpe ist ein Hund ab der Geburt. Für den Gesetzgeber ist das nicht so.
Bis 2010 wurde ein Hund von der flämischen Verordnung bezüglich der Umweltgenehmigungen (VLAREM II) als Hund angesehen ab dem Moment, wo er von der Muttermilch auf andere Nahrung umgestellt wurde. Diese flämische Regelung legt desweiteren auch Richtlinien fest für den Betrieb von Hundezüchtereien. Eine logische Altersgrenze, die mit der Altersgrenze in der Gesetzgebung rund um den Tierschutz übereinstimmt: für das Tierschutzgesetz dürfen flämische Welpen ab der 7. Woche von der Mutter getrennt werden und müssen mit 8 Wochen registriert werden.
2010 wurde diese Definition – aus einem uns undeutlichen und eigentlich immer noch nicht zu begreifendem Grund – umgeändert in „ein Hund ist ein einheimscher oder ausländischer Hund ab einem Lebensalter von 6 Monaten“. Nicht zu fassen, denn die Folgen dieses Beschluss wurden offenbar nicht bedacht.
Die Umweltgesetzgebung besagt, dass wer 5 bis 10 Hunde hält eine Meldepflicht bei der Gemeinde hat, aber hierfür keine Umweltgenehmigung benötigt. Wer mehr als 10 Hunde hält muss eine Umweltgenehmigung beantragen. Und hier drückt der Schuh.
VLAREM sorgt dafür, dass Einrichtungen die weniger als 10 erwachsene Hunde (älter als 6 Monate) halten, aber unterdessen rund Hunderten – beachte: vor allem importierte Welpen – Unterschlupf bieten, sich kaum an Umweltgesetze halten müssen. Die jungen Hunde unter 6 Monaten zählen hier nicht.
Es gibt Betriebe die sich derart organisieren, dass sie viele Welpen halten aber kaum erwachsene Tiere haben, damit sie so wenig wie möglich, oder sogar gar nicht, an die Umweltgesetze gebunden sind.
Das ist möglich durch die Haltung vieler kleiner Welpen aber kaum (nur 5 bis 10) Hunde, die über 6 Monate alt sind.
Keine Verpflichtungen auf dem Gebiet von Umweltbelästigung, Lärmbelästigung oder Geruchsbelästigung. Tote Hunde können einfach über den Restabfall entsorgt werden, während umweltpflichtige Unternehmen die Kadaver durch Ensorger wie Rendac abholen lassen müssen.
Inzwischen verkaufen solche groß angelegten Welpen-Importeure aus den ehemaligen osteuropäischen Ländern bis zu mehreren tausend Welpen jährlich. Es ist auch total unlogisch anzunehmen, dass die Belästigung durch hunderte Welpen zu vernachlässigen ist.
Es wird noch viel verrückter für Unternehmen mit weniger als 5 Hunden über 6 Monaten. Diese brauchen weder eine Umweltgenehmigung, noch sind sie zur Meldung verpflichtet.
Diese Unternehmen sind überhaupt nicht an Umweltnormen gebunden und haben somit freies Spiel was Lärmbelästigungen und die Entsorgung von Kadavern und Exkrementen angeht.
Als Sahnehäubchen dürfen sich solche Unternehmen auch noch direkt in Wohngebieten ansiedeln, weil die flämische Umweltgesetzgebung urteilt, dass sie per Definition keine Umweltbelastungen verursachen können.
Die angepasste Altersgrenze hat somit die Tür für den illegalen Hundehandel sperrangelweit geöffnet. Und, glaubt es uns: selbst ein Türspalt ist für Kriminelle ausreichend!
Kurzum, die heutige Definition eines Hundes ist aus Sicht von Umwelterwägungen völlig unlogisch.
Der Gesetzgeber negiert, dass auch ein paar Monate alte Welpen einen wichtigen Einfluss auf die Umwelt haben. Denn, lasst uns das Kind beim Namen nennen: 2 deutsche Doggen Welpen, 6 Labradorwelpen oder 10 Chihuahua Welpen bringen nicht weniger Hundeverhalten mit sich als Hunde die älter als 6 Monate sind.
Auch wenn über die Weihnachtsferien jeder etwas Dampf ablassen kann, hoffen wir, dass die zuständige Umweltministerin, Joke Schauvliege, mit liest und sich barmherzig zeigt: passen Sie die Definition wieder an die vorherige Version an!
Fehler werden nun einmal gemacht, ein Drama ist es nur wenn wir nicht daraus lernen und sie nicht berichtigen.
Das würde zwar ein spätes aber schönes Weihnachtsgeschenk sein, nicht nur für uns, sondern vor allem für die Welpen.
Sabine Vermeulen, Flämisches Parlamentsmitglied N-VA
Anthony Godfroid, Anwalt am Gericht von Brüssel und Spezialist für Tierschutzrecht.
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